Historischer Rennwagen aus dem Jahr 1934: die spannende Geschichte rund um einen Bugatti Type 59 Sports

Produziert wurde er bereits in den 1930er-Jahren, allerdings nur sechs Mal. Der erste von ihnen lebt noch immer, und wie. In nahezu originalem Zustand, ist er ein grandioses und natürlich auch ebenso wertvolles Zeugnis der erfolgreichen Bugatti-Renngeschichte.
         von Achim Stahn

Abgewetztes Leder an den Sitzen, das Lenkrad zeigt Narben vom unermüdlichen Einsatz der Fahrer, am Lack sind die Spuren harter Zweikämpfe zu erkennen.
Könnte dieser Bugatti Type 59 Sports reden, er hätte eine ganze Menge zu erzählen.

Fotos: Bugatti

Vor allem von Siegen, weniger von Niederlagen. 
Dieser offene Zweisitzer wurde 1934 als Type 59 Sports mit einem Type 57-Chassis gebaut.
Kurze Zeit später erhält er ein spezielles Chassis für die nächsten Grand-Prix-Rennen.
 
 
Seine Rennhistorie ist besonders siegreich.
Wann und wo ist genauso komplett belegt wie seine Besitzer und Fahrer. 
Rennsportler und Privatiers.
Nach der Rennkarriere kaufte ihn König Leopold III. von Belgien.
Ein begeisterter Autofahrer und Bugatti-Fan. 
Er liebte es rasant, was manchmal auch schief ging.
Zumeist nur mit Blechschäden.
 
Tödlich war für seine in Schweden geborene Frau Astrid eine Urlaubsfahrt in die Schweiz.
Einige Jahre vor dem Kauf des Type 59 Sports.
Am 29. August 1935 verlor der royale Fahrer auf dem Weg zur Sommerresidenz entlang des Vierwaldstättersees gegen 9:00 Uhr morgens die Kontrolle über seinen Wagen.
Der knallte gegen einen Baum, stürzte dann die steile Uferböschung hinunter und landete schließlich im Schilf des Seeufers.
Mit tragischem Ausgang. 
 
Die schwangere 29-jährige Königin wurde aus dem Wagen geschleudert und knallte ebenfalls gegen einen Baum. 
Sie verstarb dort in den Armen Leopolds an schweren Kopfverletzungen. 
Ein Kreuz aus schwedischem Granit markiert noch heute diese Stelle.
 
Bei dem Wagen handelte es sich allerdings nicht um einen Bugatti.
Leopold III. lenkte ein großes Cabriolet der US-Marke Packard.
Sicherheitsgurte kannte man damals noch nicht.
 


Doch zurück zum Bugatti Type 59 Sports.
Heute befindet er sich im Besitz eines leidenschaftlichen Sammlers.
Der ließ vor kurzem die geschichtenerzählende Außenhaut konservieren.
Die noch gut erhaltenen, aber bereits patinierten Lackbereiche werden dabei quasi versiegelt, die schadhaften Stellen nur sanft ausgebessert. 
Die abgewetzten Ledersitze und Narben im Holzlenkrad aber nicht. 
 

Alles begann am 24.09.1933

An diesem Tag stellte Bugatti erstmals den Type 59 Sports vor.
Natürlich auf der Rennstrecke, beim Großen Preis von San Sebastián. 
Zu damaligen Zeiten ein Wunderwerk der Technik: optisch kraftvoll und filigran zugleich. 
Schlank und niedrig gebaut ideal für die Aufnahme des Antriebs.
In diesem Fall ein kompressoraufgeladener Reihenachtzylinder. 
 
Die Räder mit Speichen aus Klavierdraht minimierten die ungefederten Massen enorm.
Im Zusammenspiel mit damals neuen, ausgeklügelten Stoßdämpfern sorgte das für ein ausgewogenes Fahrverhalten mit einem für Rennwagen ungewöhnlich hohen Komfort. 
Der Type 59 Sports sieht elegant aus und fährt extrem schnell. 
Der rollende Beweis für Ettore Bugattis Genialität.
 

Zuerst setzt ihn Bugatti als Rennwagen für das eigene Grand-Prix-Werksteam ein.
Mit einem 3,3-Liter-Achtzylinder (Nr. 5) in der Saison 1934/1935. 
Am riesigen Steuer saßen einige der berühmtesten und erfolgreichsten Bugatti-Rennfahrer, darunter Robert Benoist, Louis Chiron, Achille Varzi, Jean-Pierre Wimille und René Dreyfus. 
Letzterer fuhr im April 1934 beim Großen Preis von Monaco direkt auf den dritten Platz. 
Benoist überquert drei Monate später beim Großen Preis von Frankreich in Montlhéry als Vierter die Ziellinie.
Ein paar Wochen später in Spa-Francorchamps erneut, beim Großen Preis von Belgien.
Beim Großen Preis von Spanien im September erkämpfte sich Wimille den 6. Platz.
 
Doch für Ettore Bugatti war das nicht genug. 
Die deutschen Silberpfeile dominierten das Geschehen.
Gewohnt zu gewinnen, zog er sich aus dem Grand-Prix-Rennsport zurück.
Er verkaufte vier Type 59 Sports an britische Fahrer. 
 
Ein Exemplar wurde im Werk in Molsheim zum „Rennsportwagen“ umgebaut.
Ein Novum bei Bugatti – bis heute. 
Der einzige Grand-Prix-Wagen, der im Werk zum Rennklassement „Sportwagen“ umgebaut wurde, ist heute in einem nahezu unrestaurierten Originalzustand zu genießen. 
Als perfekter Zeuge seiner Zeit.


Aus dem Motorraum entfernten die Ingenieure damals den Kompressor, integrierten dafür einen neuen Öltank inklusive Zweipumpenschmierung sowie ein Viergang-Trockensumpf-Vollsynchrongetriebe mit Zentralschaltung. 
 
Auch die Karosserie schneiderten sie neu: 
- kleinere Motorradkotflügel
- kleine Windschutzscheibe
- kleine, weit unten positionierte Scheinwerfer und Seitentüren
- die neue Fahrgestellnummer trägt die Ziffern 57248.
 
Ein zweisitziges Automobil für Straße und Rennstrecke. 
Das richtige Spielzeug für reiche Autofans.
Wie heute Bugattis von ähnlichem Kaliber.
 
Seinen setzte der ex-Werksfahrer Jean-Pierre Wimille ab 1935 vermehrt ein.
Bei Rennen in der damals neuen 750-Kilogramm-Klasse.
Er saß natürlich selbst am Steuer. 
In der Saison 1937 siegte er unter anderem hier:
- Grand Prix de Pau
- Grand Prix de Tunis
- Grand Prix de Marseille. 
 
Der von den Mechanikern in Molsheim liebevoll „La Grand-Mère“ (Großmutter) genannte Sportwagen nahm an Rennen in Afrika teil, gewann auch die letzte Ausgabe des Großen Preises von Algerien. 
Juli 1937: Jean-Pierre Wimille gewinnt zum letzten Mal mit dem Type 59 Sports einen GP, den Grand Prix de la Marne auf der Rennstrecke in Reims.
Mit drei Minuten Vorsprung vor dem Zweiten. 
 
Der schnelle und überlegene Bugatti erregt in der Szene Aufsehen. 
Am Ende der Saison kauft ein langjähriger Bugatti-Kunde diesen ungewöhnlichen Sportwagen mit erfolgreicher Rennhistorie: Leopold III., König von Belgien zwischen 1934 und 1951.

Ab in die Royale Garage

Für ihn ließ Ettore Bugatti das bisher blaue Auto neu lackieren.
Denn Leopolds Lieblingsfarbe war Schwarz.
Gelbe Streifen erinnerten an die belgischen Rennfarben. 
Der König war von dem leistungsstarken Sportwagen fasziniert.
Bewegte ihn allerdings recht selten.
Mehr dazu ist sonst nicht bekannt. 
Wahrscheinlich wurde er im Vorfeld des II. Weltkrieges sicher versteckt. 
 
Leopold III. und seine Frau brachten die deutschen Besatzer im Juni 1944 nach Sachsen.
Nach dem Krieg folgt das Exil in die Schweiz. 
Erst 1959 ließ ihn das belgische Volk wieder ins Land.
Ins Schloss Argenteuil in der Provinz Brabant-Wallonien.
Auch der Bugatti wurde mitgebracht.
1967: Leopold III. verkaufte den Wagen an einen belgischen Sammler.
Auch der lässt ihn im Originalzustand. 
1989: ein amerikanischer Bugatti-Fan holte ihn über den Atlantik.
Veränderte am originalen Zustand ebenfalls nichts.
Lediglich die Technik wurde fachgerecht überholt. 
 

 
Danach wechselt der Sportwagen noch in zwei weitere Garagen bekannter Sammler.
Seit 2020 steht er in der Schweiz. 
Der neue Besitzer ersteigerte ihn in London für 12,681 Millionen US-Dollar.
Bei einer Auktion von Gooding & Company im September 2020.
Auch in seinem neuen Zuhause blieb und bleibt die Karosserie unberührt.
Aus Respekt vor der ruhmreichen Vergangenheit.
 
Das sah auch die strenge Jury auf dem 2022er Concorso d'Eleganza Villa d'Este (20. - 22. Mai) so.
Der aktuelle Besitzer dieser in jeder Hinsicht außergewöhnlichen Rarität bekam dort die begehrte Auszeichnung für das „besterhaltene Vorkriegsfahrzeug“. 
Sammler Fritz Burkard lockte die FIVA-Trophäe Freudestränen in die Augen.
 

Der Motor heute

Aus 3.257 Liter Hubraum holt der Reihen-Achtzylinder (Motornummer 5) knapp 254 PS. 
Zwei Vergaser bereiten das Gemisch auf, ein Roots-Kompressor komprimiert die angesaugte Luft und verbessert die Zylinderfüllung. 
Die Kraftübertragung übernimmt ein Vierganggetriebe mit Trockensumpfschmierung. 
Die vier mechanischen Trommelbremsen werden über Seilzüge betätigt.
 


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